War es früher ohne weiteres möglich von Mund geblasene und von Hand geschliffene Gläser von höchster Qualität in Wien zu bekommen, so ist die Anzahl jener Betriebe, die nicht maschinell hergestellte und ohne Säure behandelte Gläser verlegen drastisch gesunken. Ein Betrieb, der sich auch heute noch dem Glaskunsthandwerk vom Feinsten verschrieben hat, ist das seit 1823 in Wien beheimatete Familienunternehmen „J. & L. Lobmeyr“. Begonnen hat die Geschichte des Hauses 1823, als Firmengründer Josef Lobmeyr, anfing mit Gläsern im Biedermeier-Stil zu handeln. Doch schon bald begann der umtriebige Unternehmer auch selbst gezeichnete Formen anzubieten und so auf die Wünsche seiner Kund*innen besser reagieren zu können. Offenkundig war man damit erfolgreich, denn bereits in der zweiten Generation trat Lobmeyr nicht mehr als Glashändler, sondern als Glasverleger in Erscheinung. Unter Josef Lobmeyrs Sohn Ludwig brillierte das Unternehmen neben anderen k.k. Hoflieferanten (bereits 1835 hatte man den Sprung zum „k.k. Hofglaswarenhändler“ geschafft) 1873 bei der Wiener Weltausstellung in der Rotunde mit einem „Wald aus Lustern“, umgeben von Spiegeln und Pulten mit Kristallgegenständen. 1883 schreibt man bei Lobmeyr erneut Geschichte, indem die Lobmeyr-Werkstätte zusammen mit Thomas Edison den ersten elektrischen Kristallluster für die Wiener Hofburg entwirft.

Ein Glas durch 24 Hände

Während der für das Unternehmen glanzvollen Zeit der Monarchie – und darüber hinaus bis zum Zweiten Weltkrieg ließ die Familie (Ludwigs Neffe Stefan Rath sen. – 1912 Mitgründer des Österreichischen Werkbunds – führt das Unternehmen in die Moderne) die Gläser in Böhmen fertigen. Als der Eiserne Vorhang jegliche Verbindung kappte musste man nach Österreich ausweichen. Heute ist man wieder zu den Ursprüngen zurückgekehrt. Nach wie vor werden für Lobmeyr alle Gläser in Buchenholzformen eingeblasen und die Stile- und Fußplatten mit der Hand modelliert, um die besten Ergebnisse erzielen zu können. Bis ein Glas von den Lobmeyr-Werkstätten beim Kunden ankommt geht es durch 24 Hände. Von den Glasbläsern über den Glasmeister und die Einträger in den Kühlraum bis hin zur Veredelung (Schliff und Gravur) und der Qualitätskontrolle, die immer noch wie eh und je von einem Mitglied der Familie persönlich durchgeführt wird.

Auch was die Auswahl der Entwürfe angeht, hat sich im Hause Lobmeyr wenig verändert. Damals wie heute sucht man die Zusammenarbeit mit heimischen und internationalen Kunstschaffenden. Viele Kreative kommen mittlerweile auf das Unternehmen zu. Mit der „Vienna Design Week“ gibt es zudem eine aktive Szene, die Unternehmen wie Lobmeyr im Kreativbereich unterstützt. Objekte und Installationen, die im Rahmen der Design Week entstanden sind, können ab 7. Juni im (von Ludwig Lobmeyr 1864 mitbegründetem) „Museum für angewandte Kunst“ (Mak) bewundert werden. Darunter beispielsweise die Installationen von Maxim Velčovský (City Shades, 2009) und Philippe Malouin (Time Elapsed, 2011) sowie die Arbeiten von den Künstlern Max Lamb oder Martino Gamper. Insgesamt werden an die 300 Objekte zu sehen sein und eine Brücke von den Formen des Historismus und des Orientalismus im 19. Jahrhundert bis in die heutige Zeit schlagen.

Tradition & Moderne gehen Hand in Hand

Unterstützung für diverse Präsentationen erhält die Firma Lobmeyr allerdings seit Jahren auch durch die „Vienna Products“, eine von der Wirtschaftskammer Wien geförderte Dachmarke, die es verschiedenen Unternehmen erlaubt sich gemeinsam besser im In- und Ausland präsentieren zu können – für Lobmeyr heißt das beispielsweise mit einem ganzen gedeckten Tisch. Nicht umsonst wurde die Firma in der Vergangenheit unter anderem damit beauftragt ein Service für das 50jährige Krönungsjubiläum eines malaysischen Sultans zu kreieren. Lobmeyr-Produkte finden sich heute überall auf der Welt, egal ob es sich um die Kristallluster in der Metropolitan Oper in New York, dem Sitzungssaal im Kreml, sämtliche arabische Königspaläste und Moscheen wie jene in Mekka und Medina oder schlicht um Privatbesitz – darunter Kunden wie Elton John oder Elisabeth II. – handelt.

Im Sortiment befinden sich neben modernen Kreationen ebenso alte Entwürfe wie die zeitlosen Klassiker von Josef Hoffmann, Adolf Loos, Oswald Haerdtl oder Stefan Rath. Geleitet wird das Unternehmen mittlerweile in sechster Generation von Leonid Rath gemeinsam mit seinen Cousins Andreas und Johannes Rath. Die Devise der Familie lautet Lobmeyr „macht Gläser für Menschen“. Dass einige davon mit Lobmeyr-Gläser im Rahmen von österreichischen Staatsbanketten in Berührung kommen (aktuell ein nach einem Entwurf von POLKA erzeugtes Service) tut dem Prestige keinerlei Abbruch – wohl eher im Gegenteil.

J.&.L. LOBMEYR
Showroom and Office
Kärntnerstrasse 26
1010 Vienna AUSTRIA
Mo bis Fr 10.00-19.00 Uhr, Sa 10.00-18.00 Uhr,
Sonntag und Feiertag geschlossen
www.lobmeyr.at

Ausstellung
GLANZ UND GLAMOUR. 200 Jahre Lobmeyr
7. Juni bis 24. September 2023
MAK Ausstellungshalle
MAK, Stubenring 5, 1010 Wien
www.mak.at

Titelbild: Modell No.6725/36/OR „Met-Luster“, Hans Harald Rath 1966 © Lobmeyr

Geschrieben von Sandra Schäfer